Integrated design of process and working fluids for organic rankine cycles
- Simultane Optimierung von Prozess und Arbeitsmittel für Organic Rankine Cycles
Lampe, Matthias; Bardow, André (Thesis advisor); Gross, Joachim (Thesis advisor)
1. Auflage. - Aachen : Wissenschaftsverlag Mainz GmbH (2015, 2016)
Buch, Doktorarbeit
In: Aachener Beiträge zur Technischen Thermodynamik 7
Seite(n)/Artikel-Nr.: XVIII , 122 Seiten : Illustrationen, Diagramme
Dissertation, RWTH Aachen University, 2015
Kurzfassung
Die Verstromung von Niedertemperaturwärme ist ein Schlüssel zu einer nachhaltigen Energieversorgung. Eine der wesentlichen Technologien für die Erzeugung von Strom aus Niedertemperaturwärme sind Organic Rankine Cycles (ORC). Die in ORCs eingesetzten Arbeitsmittel werden heute in einem zweischrittigen Verfahren ausgewählt: Zuerst werden mit heuristischem Wissen geeignete Kandidaten ausgesucht. Im zweiten Schritt bewertet eine Prozessoptimierung jeden dieser Kandidaten. Dadurch kann der Beste unter den ausgewählten Kandidaten identifiziert werden. Wird das optimale Arbeitsmittel bei der Vorauswahl von den Heuristiken nicht erfasst, führt das zweischrittige Verfahren zu suboptimalen Lösungen. Dies kann durch eine simultane Optimierung von Arbeitsmittel und Prozess vermieden werden. Eine simultane Optimierung führt allerdings auf ein gemischt-ganzzahliges nicht-lineares Optimierungsproblem, dass aufgrund seiner Größe und Komplexität nicht direkt lösbar ist.In dieser Arbeit wird eine systematische Methode für die simultane Optimierung von Arbeitsmittel und Prozess vorgestellt. Die Methode basiert auf der Darstellung der Arbeitsmittel in einem physikalisch-basierten Stoffmodell, der PC-SAFT (perturbed chain statistical associating fluid theory) Zustandsgleichung. Mit PC-SAFT werden hier Reinstoffe durch einen Satz von drei Parametern charakterisiert. Die Optimierung wird durch eine Relaxierung der Reinstoffparameter ermöglicht. Dadurch können Prozess und Arbeitsmittel simultan in einem Schritt, dem Continuous-Molecular Targeting (CoMT), optimiert werden. Durch die Relaxierung entsprechen die optimalen Werte der Reinstoffparameter im Allgemeinen keinem realen Fluid. Daher werden im nachgeschalteten Structure-Mapping reale Stoffe gesucht, deren Eigenschaften den Eigenschaften des optimalen Arbeitsmittels nahe kommen. Dazu wird mittels einer Taylor-Approximation der Zielfunktion aus dem CoMT-Schritt eine Bewertung von Stoffen aus einer Datenbank durchgeführt. Die Methode erlaubt somit die gleichzeitige Optimierung von ORC Prozessen und den darin eingesetzten Arbeitsmitteln. Das Structure-Mapping zur Suche nach optimalen Fluiden aus einer Datenbank erlaubt es nicht neue Arbeitsmittel zu identifizieren. Daher wird die Methode durch einen Computer-Aided Molecular Design (CAMD) Ansatz erweitert, der die Datenbanksuche ersetzt. Dabei werden die Reinstoffparameter durch eine Gruppenbeitragsmethode berechnet: Das Fluid wird als Zusammensetzung aus verschiedenen Bausteinen, den sogenannten Gruppen dargestellt. Die Gruppen können einzelne Atome oder kleinere Verbindungen von Atomen sein (z.B. eine Methylgruppe). Im CAMD wird dann eine Kombination aus diesen Gruppen gesucht, die entsprechend der Taylor-Approximation die optimale Molekularstruktur darstellt. Somit ist die Suche nach optimalen Arbeitsmitteln nicht mehr auf eine Datenbank beschränkt sondern erlaubt auch die systematische Suche nach neuen Arbeitsmitteln. Die Anwendung auf das Beispiel eines solar-betriebenen ORC zeigt, dass für realistische Anwendungen tatsächlich neue Arbeitsmittel besser geeignet sein können als die bisher eingestzten. Für die Arbeitsmittelauswahl werden in der Regel konstante Wirkungsgrade für die Turbine angenommen. Der Wirkungsgrad der Turbine hat einen entscheidenden Einfluss auf die Wahl von Arbeitsmitteln. Umgekehrt ist der erreichbare Wirkungsgrad der Turbine ist abhängig vom eingesetzten Arbeitsmittel. Daher wird das Prozessmodell des ORC um ein Turbinenmodell erweitert. Dieses eindimensionale Modell für eine Radialturbine erlaubt eine Berechnung des Wirkungsgrades und ein vorläufiges Design der Turbine. Das Design der Turbine kann dazu genutzt werden, um nicht erlaubte Wertebereiche für Designparameter (z.B. niedrige Blatthöhe oder hohe Rotationsgeschwindigkeit) auszuschließen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Beschränkung der Designparameter einen wesentlichen Einfluss auf die Wahl des Arbeitsmittels hat. Die bisher aufgeführten Arbeiten beziehen sich auf die Auswahl eines Reinstoffes als Arbeitsmittel im Kreisprozess. In der Literatur werden aktuell vermehrt auch Gemische als Arbeitsmittel vorgeschlagen, um den Wirkungsgrad des Prozesses weiter zu steigern. Daher wird die vorgestellte Methode für simultane Optimierung von Arbeitsmittel und Prozess auf Gemische erweitert. Die Optimierung identifiziert analog zu den Reinstoffen ein optimales, hypothetisches Arbeitsmittelgemisch, das wiederum keinem realen Gemisch entspricht. Das Optimum stellt allerdings eine obere Schranke für die Güte des Prozesses dar. Kein reales Gemisch kann besser sein, als das hypothetische, optimale Arbeitsmittelgemisch. Diese Beobachtung erlaubt einen konzeptionellen Vergleich von Gemischen und Reinstoffen als Arbeitsmitteln, der losgelöst von einzelnen Fluiden erfolgen kann. Dabei wird der Prozess jeweils mit einem Gemisch und einem Reinstoff als Arbeitsmittel optimiert. Die Differenz der Ergebnisse erlaubt es, die Vorteile des Einsatzes von Gemischen zu quantifizieren. Die vorgestellte Methode eine glichzeitige Optimierung von Arbeitsmitteln und ORC Prozessen. Dabei können sowohl bereits existierende Stoffe aus Datenbanken berücksichtigt werden als auch neue Arbeitsmittel, die bisher nicht bekannt waren. Des Weiteren können auch Gemische aus Arbetsmitteln in der Optimierung berücksichtigt werden, was die Wirkungsgrade der ORC Prozesse noch weiter erhöhen kann.
Einrichtungen
- Lehrstuhl für Technische Thermodynamik und Institut für Thermodynamik [412110]
Identifikationsnummern
- ISBN: 978-3-95886-086-5
- URN: urn:nbn:de:hbz:82-rwth-2016-027963
- RWTH PUBLICATIONS: RWTH-2016-02796